Nach dem Studium
Visuelle Gestaltung HF an der F+F arbeitet Oliver Hirschier inzwischen als freischaffender Grafiker in den Bereichen Editorial Design, Corporate Design, Web und Illustration. Zudem hat er zusammen mit Xiaoqun Wu 2012 das Design-Unternehmen
Bienvenue Studios gegründet.
NZZ Bellevue: An was arbeiten Sie gerade?
Oliver Hischier: Meine Geschäftspartnerin Xiaoqun Wu und ich haben 2012 das Grafik und Design-Unternehmen
Bienvenue Studios in Zürich gegründet. Zum einen realisieren wir auf Basis von naturbezogenen Recherchen Prints und Kartenserien, die wir in der Schweiz herstellen. Zum anderen übernehmen wir Grafikaufträge von Kundinnen und Kunden im In- und Ausland. Derzeit arbeiten wir unter anderem an einem Auftrag eines japanischen Outdoor-Fashion-Brands. Wir wurden angefragt, verschiedene naturinspirierte Muster im typischen Bienvenue-Stil zu entwickeln, um damit Stoffe für ihre Herbst-/Winter-Kollektion 2021 herzustellen.
Für unser eigenes Label haben wir soeben eine neue Serie mit dem Titel
Riverstones herausgegeben. Diese Prints zeigen seltene, besonders mineralhaltige Steine aus einem Fluss in Nanjing, China. Das permanente Einwirken des Wassers poliert die Steine und bringt ihre Schönheit zum Vorschein. Wegen ihrer kontrastvollen Zeichnungen und der leuchtenden Farben sind Riverstones sehr begehre Sammelstücke. Es dauerte fünf Jahre, bis wir die passenden Steine für unsere Serie finden konnten.
Welches Werkzeug ist für Ihre Arbeit unentbehrlich?
Der Risograf ist für uns ein wichtiges Arbeitsinstrument. Unsere Entwürfe testen wir zuerst an dieser japanischen Druckmaschine. Durch das Experimentieren an dieser Maschine haben wir unsere Bildästhetik entwickelt.
Das bisher beste Erlebnis in Ihrer Karriere?
Unsere Ausstellungen in der Schweiz, Asien und in den USA haben mich besonders gefreut. Auf diesem Weg lernen wir immer wieder interessante Menschen und faszinierende Themen aus der ganzen Welt kennen. Diese Erlebnisse prägen unsere Arbeit. Eine tolle Bestätigung waren zudem die guten Reaktionen auf dem japanischen Markt. Von der Produktion bis zum Vertrieb sind wir auf Partner angewiesen, die unsere Ideen und Produkte verstehen und zu schätzen wissen. Wir sind dankbar für die gute und persönliche Zusammenarbeit mit Concept-Stores und Museumsshops.
Was macht eine gelungene Designarbeit aus?
Für mich ist eine Designarbeit gelungen, wenn sie mir nach mehreren Jahren noch gefällt. Banale Dinge so darzustellen, dass man diese aus einem neuen Blickwinkel wahrnehmen kann, ist für unsere Arbeit wichtig. Mit unseren Prints wollen wir das Interesse an der Natur wecken. Unsere Arbeit soll sie inspirieren und eine gewisse Spannung erzeugen. Dieses Ziel verfolgen wir mit Biophilic Design. Eine Umgebung mit naturnahen Elementen hat einen positiven Einfluss auf die Gesundheit und das Wohlbefinden der Menschen.
Mit welchem Label würden Sie gerne mal zusammenarbeiten?
Tiere und Pflanzen haben mich schon als kleinen Buben begeistert. Ich wollte Zoodirektor werden. Deshalb würde es mich schon reizen, ein Projekt mit dem
Zoo Zürich zu entwickeln.
Mit grosser Faszination verfolge ich auch die Stoffentwicklung von
Bananatex von
Qwstion. Dabei handelt es sich um ein Gewebe aus Bananenpflanzenfasern, das einfach nachwächst, pestizidfrei angebaut wird und biologisch abbaubar ist. Ich würde gerne mit unserer Designarbeit einen Beitrag zur Weiterentwicklung dieses nachhaltigen Projekts leisten.
Auf was können Sie im Moment nicht verzichten?
Im Moment möchte ich nicht auf mein Fahrrad verzichten. Nicht nur wegen Corona. Ich fahre auch sonst gerne mit dem Velo. Auf meinen Fahrten entdecke ich immer wieder interessante Pflanzen, aber auch Orte, welche mit viel Sorgfalt renaturiert werden. Biodiversität ist für viele Mitmenschen nicht nur ein leeres Schlagwort, sondern sie versuchen in ihrer Umgebung einen Beitrag zu leisten, indem sie beispielsweise eine Magerwiese einem englischen Rasen vorziehen. Es gibt kein Unkraut, es gibt nur schönes und mitunter auch ungewohntes Kraut.
Welchen Newcomer aus der Kreativszene verfolgen Sie?
Da gibt es viele, etwa den Fotograf Sebastian Magnani oder die spannenden Projekte von
Offshore Studio,
Nasire,
Frottee di mare oder die Keramik von
Where Shadows Fall. Gerne besuche ich auch Läden vor Ort und entdecke immer wieder neue spannende Projekte.
Welche Musik hören Sie gerade in Dauerschleife?
Im Moment höre ich regelmässig
GDS.FM. Das finde ich ein super Projekt. Sonst höre ich regelmässig Podcasts, wie etwa von Rachel Maddow oder
The Globalist von Monocle.
Haben Sie ein Lebensmotto?
Geniess den Tag und die Natur.
Wie belohnen Sie sich selbst?
Mit gutem Essen.
Welches Gericht geht immer?
Raclette mit Walliser Käse. Am liebsten frisch gestrichen, mit extra viel Kruste oder direkt am Feuer.
Welches ist Ihr Lieblingsrestaurant?
Zum Glück gibt es in meiner Umgebung zahlreiche gute Restaurants und Bars. Beispielsweise das Restaurant
Kin, in welchem mir nicht nur die Speisen, sondern auch das gemeinsame Teilen der Gerichte am Tisch gefällt. Das erinnert mich sehr an meine Reisen in Asien.
Was verschenken Sie am liebsten?
Auf unseren Reisen im Ausland verschenken wir immer Klassiker wie die Einkaufstasche
Miami Vice oder Pouches von Freitag. Das kommt sehr gut an!
Interview geführt von Jocelyne Iten, erschienen am Mi. 19.8.2020 in NZZ Bellevue.