Als Veit Alain Stauffer Gasche 1975 in die F+F Schule für experimentelle Gestaltung eintrat, war er einer ihrer jüngsten Schüler. Er kam von der Sekundarschule und hatte es nicht geschafft, in einem Musikaliengeschäft mit Schallplattenabteilung eine Lehrstelle als Schallplattenverkäufer zu erhalten. Also entdeckte er an der Schule, die seine Eltern Doris und Serge Stauffer mit anderen gegründet hatten, für zwei Jahre die aktuelle Aktionskunst, Konzeptkunst, Performancekunst, das freie Arbeiten im Team und freie Konzepte des Zusammenlebens. Er dokumentierte die Zeit von 1975 bis 1977 in
Halbweiss, seinen Memoiren, die er 1983 herausbrachte. Den Abschluss seiner Zeit an der F+F bildete im Herbst 1977 ein Konzert am Schlagzeug im Duo mit dem Gitarristen Edwin Kunz mit anschliessendem Gespräch zu
Frauenkultur – Männerkultur.
Bereits im Januar 1978 organisierte Veit Stauffer mit der englischen Band Henry Cow zwei Konzerte in der Aula Rämibühl in Zürich und im Kunstmuseum Luzern – mit einer Defizitgarantie der F+F Schule. Die seit 1968 aktive Band Henry Cow löste sich zwar bald nach den Schweizer Konzerten 1978 auf, aber der Schlagzeuger Chris Cutler gründete im gleichen Jahr in London Recommended Records als Laden, Vertrieb und Label für Independent-Musik.
Veit Stauffer und Daniel Waldner gründeten auf Einladung von Chris Cutler eine Zweigstelle in Zürich. Das erste Plattencover des
RecRec-Labels,
Emile au Jardin Patrologique (1983) von Débile Menthol aus Neuchâtel, wurde von Peter Bäder gestaltet, der später im Studiengang Visuelle Gestaltung an der F+F unterrichtete.
Serge Stauffer hatte 1978 die F+F nach einem Burnout verlassen, Doris Stauffer trat 1981 in einen Streik und unterrichtete nicht mehr. So war es Veit Stauffer, der als erstes den Kontakt zur F+F wieder aufnahm und vertiefte. Die Forschung zum Archiv von Serge Stauffer ab 2011 wurde von Michael Hiltbrunner als Forschender an der Zürcher Hochschule der Künste initiiert, von Veit Stauffer als Halter des Archivs gefördert und von der F+F Schule, damals unter Leitung von Andreas Vogel, unterstützt.
Im Zuge der Ausstellung zu Serge Stauffer im Helmhaus Zürich entstand mit den Schwestern von Veit, Monika und Salome Stauffer, sowie mit Doris Stauffer ein dauerhafter freundschaftlicher Austausch mit der Schule, der sich 2021 mit der online Archiv-Ausstellung
F+F 1971 (
ff1971.ch) zum 50-Jahr-Jubiläum der Schule noch vertiefte. Veit Stauffer baute Brücken zu verschollenen Beteiligten, löste Konflikte im Nu auf und war mit dem
RecRec-Shop immer eine hilfreiche Anlaufstelle. Detektivische Recherchen waren seine Leidenschaft und so konnten mit seiner Hilfe zahlreiche Dokumente mit umfangreichen Informationen versehen werden und alte Freund:innen wieder zusammenfinden.
Veit Stauffer löste seinen Musikladen 2020 auf, blieb aber in der Zürcher Musikszene weiterhin ein aktiver Beobachter und Vermittler. Ein Jahr später erhielt er die Auszeichnung für besondere kulturelle Verdienste der Stadt Zürich, den gleichen Preis, den seine Mutter 2015 erhalten hatte.
Leider konnten nun seine weiteren Memoiren, in denen auch weitere künstlerische Aktionen dokumentiert sind, nicht mehr zu seinen Lebzeiten erscheinen, am 12. Dezember 2024 ist er nach fast einjähriger Krankheit verstorben. Er hinterlässt zwei Kinder und drei Enkel, sowie seine langjährige Partnerin, die Künstlerin Maria Gasche.
Michael Hiltbrunner