Gregory Tara Hari, Selbstportrait, 2021
Zeitzeug:innen
«Die F+F hat mir die Zürcher Kunstszene erschlossen»
Gregory Hari hat nicht von selbst zur Kunst gefunden – und auch nicht die Kunst ihn. Seine Eltern haben ihm die Schule ausgesucht. Seinen Plan, Modedesign zu studieren unterstützten sie weniger, die Kunst hingegen schon. 

Wenn sich Gregory Hari an seine Studienzeit an der F+F erinnert, fallen ihm noch vor den Geschichten die Leute ein. Mit vielen von ihnen hat er auch 10 Jahre nach seinem Abschluss noch Kontakt: «An der F+F ist man kollegial, auch über die Schule hinaus». Er erwähnt Marie-Antoinette Chiarenza, Walter Pfeiffer, dessen Technikverweigerung ihm imponierte und an Radoje Markovic, dessen imposante Plattensammlung er erbte. Wer an der F+F studiert, bringt ganz unterschiedliche Motivationen und Geschichten mit in das intime Umfeld der Schule. «Man war sich sehr nah, aber nicht unbedingt gleichgesinnt», sagt Gregory, «man reibt sich auch mal aneinander, aber daraus entsteht Bereicherndes.» 

Im Studium an der F+F fand Gregory zur Performance und über die Performance zur Arbeit und Auseinandersetzung mit dem Körper. Bei seiner ersten Performance, 2013, bearbeitete er während vier Stunden Kleidungsstücke, trennte Nähte auf und teilte so Torso von Armen. Viele Jahre später zitierte er die Arbeit in neuer Formalität. Inzwischen ist sein Medium seltener die Performance, öfter die Malerei. 

Geschichten und Kunst, frühe und späte Arbeiten: bei Gregory kreuzen, überschneiden und durchwinden sich die Themen. «Ich versuche meine Arbeit als Ganzes zu verstehen. Selbst wenn ich etwa an der F+F doziere, ist das irgendwie Teil meiner Arbeit», beschreibt Gregory seine Haltung. Er interessiert sich in seiner künstlerischen Praxis für politische, soziale und geschichtliche Betrachtungen. Ihn beschäftigt die Repräsentation von Macht und ihren Körpern in all ihren Aspekten – sei es eine Geflüchtete, ein König oder eine Miss Schweiz. Dem Thema nimmt er sich aktuell in einem Aufenthalt in Paris an.

Gregory scheint immer im Austausch, für sein Schaffen braucht er die Begegnung. Nach seinem Studium an der F+F hat er den Master in Fine Arts in Basel gemacht, wo er viele internationale Kontakte knüpfte. Jeweils einmal im Jahr erkundet er für mindestens einen Monat einen anderen Ort. Da ist es hilfreich, gut vernetzt zu sein. «Aber die F+F hat mir die Zürcher Kunstszene erschlossen», fügt Gregory an. Da fällt ihm ein, dass er seinen ehemaligen Performance-Dozent der F+F in Paris noch gar nicht besucht hat und macht sich rasch eine Notiz. 


Text: Anna Raymann
Camillo Geiger, zvg, 2022
«Immer weitermachen!»
Camillo Geiger hat 2022 erfolgreich den Vorkurs absolviert und startet nahtlos die Ausbildung zum Grafiker EFZ.

Gestalter:innen nach ihren ersten Berührungspunkten zu fragen, kann auf die Dauer müssig werden. Camillo hingegen, 17-jährig, Stadtzürcher aus dem Kreis 3, erzählt gerne von seinem kreativen Werdegang. «Gezeichnet habe ich schon immer gerne», beginnt der junge Vorkurs-Absolvent, nur – gewusst, dass er wirklich gut sei, habe er eigentlich nie. Während der Sekundarstufe habe sich sein Interesse immer mehr manifestiert. Erstmals hätten ihn auch seine Eltern wissen lassen, dass Camillo durchaus Talent habe. Ob der Apfel nun weit vom Stamm fällt oder nicht – so genau wird man das in den meisten Fällen nie wissen. Camillos Vater war als Architekt tätig, seine Mutter arbeitet im Schweizer Berufsverband visuell schaffender Künstler:innen (Visarte) – der Weg des jungen «Wiedikers» scheint also auf den ersten Blick zumindest nicht aus der Luft gegriffen. Viel wichtiger noch: Camillo ist froh darüber, dass sich seine Eltern ohne Wenn und Aber für Traum ihres Juniors eingesetzt haben – die F+F sei dabei eine Art logische Bildungswahl gewesen. 

Im Pandemie-Jahr 2021 begann Camillo mit dem Vorkurs, hier verstärkte sich seine Hingabe zu grafischen Arbeiten so richtig, er erzählt im Interview von Typografie, aber auch von einem Heftchen mit verschiedenen Fotografien. Museums- und Ausstellungsbesuche sind seither nicht mehr dasselbe für ihn, er lässt sich je länger, je mehr von den vielen Besuchen inspirieren und beginnt, verschiedene künstlerische Techniken nachzuvollziehen und in seinen eigenen Arbeiten zu integrieren. 

Dass die F+F «sehr frei» sei, habe er zwar schon so oft gehört, er muss diesem Tenor aber zustimmen: Man habe an der Schule sehr offene Gestaltungsmöglichkeiten. «Es wird nichts Spezifisches von einem erwartet», dass aber am Ende des Tages alle Schüler:innen etwas geleistet hätten, sei Motivation genug: «Man will nicht der Einzige sein, der nichts gemacht hat!», lacht Camillo und hebt ausserdem die persönliche Art und Weise des Unterrichts hervor.

«Immer weitermachen – bis es dir gefällt. Immer wieder aufstehen. Die erste Idee ist nicht immer die beste» – so lässt sich der optimale Ratschlag seiner Dozierenden zusammenfassen. Er habe Camillo sehr weitergeholfen. Die weisen Worte der Lehrpersonen motivieren den Zürcher genauso für seinen weiteren Weg. In 25 Jahren möchte er gerne entweder in einem Grafik-Büro arbeiten oder sogar sein eigenes gründen – und er ergänzt: «Vielleicht bin ich dann verheiratet, vielleicht nicht. Vielleicht habe ich sogar Kinder – vielleicht aber auch nicht.»  

Text: Laszlo Schneider
Lucien Meier, Visuelle Gestaltung HF, 2022
«Mein Arbeitsablauf hat sich komplett verändert»
Lucien Meier studiert an der F+F Visuelle Gestaltung HF im vierten Semester.

Bevor Lucien an die F+F kam, absolvierte er den Vorkurs an der Schule für Gestaltung in Aarau, sammelte danach ein paar Jahre Arbeitserfahrung als Grafiker und fügte ein einjähriges Praktikum als Webdesigner an. 

Um sich seinen Beruf auch schulisch anzueignen, entschied er sich für eine Ausbildung an einer Hochschule. An der F+F trat er aber nicht wie zuerst beabsichtigt die Lehre in der Fachklasse Grafik an, sondern liess sich beim Aufnahmeverfahren von den Dozierenden überzeugen und schrieb sich aufgrund seiner praktischen Erfahrung direkt für das HF Studium Visuelle Gestaltung ein.

Seine Wahl war auf die F+F gefallen, nachdem sich Lucien über unterschiedliche Hochschulen und deren Studiengänge informiert und Gespräche mit aktuellen Studierenden geführt hatte. Am meisten überzeugt hatte ihn, dass die Studierenden in ihrer Individualität gefördert werden. «Von den Arbeiten meiner Kollegen an anderen Schulen lässt sich zurückführen, an welcher Schule sie waren – das ist bei der F+F nicht so.», erklärt Lucien. Inzwischen hat er an der F+F seinen eigenen Stil entwickeln können.

An der F+F habe ihn zudem die Transparenz und die Offenheit der Dozierenden überrascht und wieviel Gestaltungsfreiraum den Studierenden bei den Arbeiten überlassen wird. Dass Arbeitspräsentationen beispielsweise in live performances gezeigt werden dürfen, habe ihn beeindruckt. Grosse Freiheit im Studium erfordere aber auch viel Eigeninitiative: «Der Anspruch, die Motivation, der Input – das alles muss von Dir selbst kommen. Man muss hier viel ambitionierter sein, weil auch die Chance besteht, in eine Bequemlichkeit hineinzurutschen. Für mich hat es so aber immer gepasst».

Während seiner Ausbildung an der F+F habe sich insbesondere seine Herangehensweise weiterentwickelt. «Mein Arbeitsablauf hat sich komplett verändert. Ich bin viel effizienter geworden. Ich kann innerhalb von kurzer Zeit eine Vielzahl an Entwürfen erstellen und dabei gleichzeitig kreativ sein.». Diesen Vorgang des klaren und strukturierten kreativen Arbeitens bezeichnet Lucien als «Systematische Kreativität».

Nach seinem Studium hat Lucien zunächst vor, einige Jahre im Bereich Webdesign oder Animation zu arbeiten und seine Affinität für Schriften zum Einsatz kommen zu lassen, bevor er an seine Ausbildung an der F+F ein Masterstudium anfügt. Mit einer Vorliebe für editorial design möchte er zusätzlich und selbstständig im Print tätig sein.

Text: Anamaria Novak
Mascha Negri, Fachklasse Fotografie, Foto: Florian E., 2021
«Jedes Modul hat meine jetzige künstlerische Ausdrucksform mitgeformt»
Mascha Negri absolviert an der F+F im ersten Jahr die Fachklasse Fotografie.
 
«Kameras, vor allem analoge, alte Kameras, lagen bei uns immer rum». Mascha ist umgeben von Kunst, in einer Künstlerfamilie, aufgewachsen. Zu ihren ersten fotografischen Motiven gehörten Landschaften, Familie und Freund:innen. Nach einem Zwischensemester, in dem they sich viel mit Fotografie auseinandersetzte, entschied sich Mascha für die Fachklasse an der F+F.
 
An der F+F gefällt ihr, dass «sie ein sehr freier Raum» ist. Gerade in der künstlerischen Arbeit sei es wichtig, Impulsen und Ideen folgen zu können, ohne den Arbeitsfluss zu unterbrechen: «Mensch ist hier frei zu tun, was einem in den Sinn kommt und bekommt nicht vorgeschrieben, was mensch darf und was nicht. Ich finde es schön, eigenverantwortlich und selbstbestimmt arbeiten zu können.». 
 
Im Moment setzt sie sich fotografisch viel mit der Verbindung von Architektur und Körper auseinander. An diesem Thema arbeitet sie immer wieder und interessiert sich dabei für die Gegensätzlichkeit der beiden Motive. Die Weichheit und Fragilität eines Körpers einerseits, die Stabilität und Kälte eines Gebäudes andererseits. Besonders spannend aber sei, im künstlerischen Prozess eine Umkehrung dieser Ambivalenz zu versuchen: 
 
«Einen Körper robust aussehen zu lassen, in dem ich mit dem Blitz harte Schatten kreiere und dagegen ein Atomkraftwerk stofflich und samtig wirken lasse und damit unsere Wahrnehmungen von Körpern und Gebäuden in Frage stelle – das inspiriert mich.»
 
Von ihrer erst kurzen Zeit an der F+F habe Mascha bereits viel mitnehmen können: «Von der Aufnahmeprüfung bis jetzt hat sich sehr viel verändert. Ich habe durch jedes Modul viele neue Erkenntnisse gewonnen. Jedes Modul hat meine jetzige künstlerische Ausdrucksform mitgeformt.».
 
Zu einem der schönsten Momente an der F+F zählt Mascha einen Ateliertag, den die Klasse gemeinsam verbrachte: «Wir waren alle im selben Raum und waren jede:r für sich und doch gemeinsam kreativ, jede:r beschäftigt mit den eigenen Projekten.» Mascha beschreibt die F+F als «frei, selbstbestimmt und eigenverantwortlich».
 
Nach ihrem Abschluss der Fachklasse Fotografie kann sich Mascha gut vorstellen, ihre Kenntnisse mit einem Studium weiter zu vertiefen und als freischaffende Künstler:in tätig zu sein.

Text: Anamaria Novak
Meredith Keller, Modedesign HF, 2022
Zeitzeug:innen
«Mode ist Kunst, die man trägt»
Meredith Keller studiert an der F+F Modedesign HF im zweiten Semester.
 
Als Kind hatte Meredith oft ihrer Mutter, die Kleider für die Familie herstellte, beim Nähen zugeschaut. Aus den Stoffresten nähte Meredith wiederum Kleider für ihre Puppen und bastelte zu den Outfits Schuhe mit Absätzen aus Klebebandrollen. 
 
Inspiration für ihre Kreationen findet Meredith heute häufig bei den Materialien, bei den Eigenschaften der verwendeten Materialien und deren Zusammenspiel mit dem Körper: «Ich finde es spannend, wie sich das Material am Körper bewegt und wie es sich anfühlt. Im Gegensatz dazu ist ein Kleid, das vor einem auf dem Tisch liegt, eher langweilig.».
 
Zurzeit arbeitet sie an ihrer zweiten Arbeitspräsentation (AP) und kreiert Mode zum Thema geschletsneutrale Kleidung: «Was, wenn man jeden Tag neu entscheiden kann, wie man ist, anhand der Mode, die man trägt? Maskulin oder feminin? Oder wenn man mehrere Geschlechter gleichzeitig sein kann?». Sie verwendet am liebsten natürliche, ungemusterte Stoffe in dezenten Farben, «damit der Schnitt, die Silhouette im Vordergrund ist.». 
 
Ihre erste Semesterprüfung zum Thema Strength and Vulnerability gehört für Meredith zu einem der schönsten Momente an der F+F. Darin hatte sie nach den Massen einer Kollegin gearbeitet und eine Arbeit mit dem Titel Moving Angels angefertigt: «Da habe ich zum ersten Mal für jemand anderen genäht und zum ersten Mal jemanden in meiner Mode gesehen – das ist ein unbeschreiblicher Augenblick.». Für Meredith ist Mode «Kunst, die man trägt.». Die Kraft der Kleider liege für sie darin, was diese vermitteln und wie sie Stimmungen beeinflussen können.
 
Am meisten überrascht am Unterricht an der F+F hat sie, dass es bei den Präsentationen «oftmals mehr um den Weg, den Designgedanken, den Prototyp, als um ein perfektes Endprodukt geht.». Genauigkeit bei der Ausführung werde aber genauso gefördert. Meredith schätzt diesen sehr individuellen Unterricht, einen Schlüssel zum Atelier zu besitzen, darin jederzeit Arbeiten zu können sowie durch fächerübergreifende Kurse die Möglichkeit zu haben, in andere Berufsbranchen einzutauchen, Kontakte zu knüpfen und sich semesterübergreifend auszuhelfen.
 
Beruflich konnte Meredith als Snowboardlehrerin bereits viel Erfahrung im Unterrichten sammeln. Da auch das Unterrichten zu ihrer Leidenschaft gehört, kann sie sich das in Zukunft auch gut in Verbindung mit Mode vorstellen. Ihr Wissen weitergeben, beispielsweise beim Schnittmustertechnikunterricht und Fuss fassen in der Erwachsenenbildung – das möchte Meredith nach ihrem Studium an der F+F machen.

Text: Anamaria Novak
Angela Pavlovic, Vorkurs berufsbegleitend, 2022
«Du findest mich bei den Grafikern»
Angela Pavlovic besucht an der F+F den Vorkurs berufsbegleitend. Ihrem starken inneren Wunsch folgend, künstlerisch tätig zu sein und um sich auf die Spuren ihres Kindheitswunsches zu begeben, schrieb sie sich im Anschluss an ihre kaufmännische Lehre an der F+F ein. 
 
Weil sie als Kind davon träumte, Grafikerin zu sein, trat Angela den berufsbegleitenden Vorkurs mit einer bestimmten Erwartung an: «Ich wollte herausfinden, ob es wirklich, das ist, was ich immer machen wollte oder ob ich meinen Lebenstraum komplett neu schaffen soll.». Eines jedoch war Angela von Beginn weg klar: «Ich musste hierhin kommen. Ich wäre nie darüber hinweggekommen, dass ich nie an einer Kunstschule war.».
 
Die F+F ist für Angela aber noch viel mehr als eine wertvolle Stütze für berufliche Zukunftsfragen. Hier lernte sie beispielsweise Gruppenarbeiten schätzen und fand in Andrea Sommer, einer Mitstudentin, ihre künstlerische Partnerin: «Zusammen ist es besser als allein. Man hat bessere Ideen, wenn mehrere Personen an einem Projekt arbeiten.». 
 
Gemeinsam verwirklichten sie viele künstlerische Arbeiten, darunter ein Kimchi-Video mit dem Titel I need you to do your own work, in dem sie Beziehungen thematisieren oder eine Photoshoparbeit mit dem Titel Do you ever panic, Houdini? für das Kino Houdini, in dem sie sich mit sozialer Phobie auseinandersetzen. Die Vernissage im Houdini gehört für Angela mit zu den schönsten Momenten ihres Studiums.
 
Für das Projekt der F+F und des Kinos Houdini wurde Angela dieses Jahr erneut angenommen. Da Andrea den berufsbegleitenden Vorkurs bereits abgeschlossen hat, verwirklicht Angela das Projekt dieses Mal allein. Ihre Arbeit wird diesen September in den Räumlichkeiten des Kinos Houdini zu sehen sein und den Titel Kopfkino tragen. Darin wird es um das bildliche Vorstellungs(un-)vermögen gehen – so viel kann bereits verraten werden und dass es eine Fotoarbeit sein wird. 
 
Einer der Kurse, der Angela dabei half, Antworten auf ihre Fragen zu finden, war der Kurs Tour d’Horizon bei der Dozentin Nadja Baldini. In diesem Kurs setzen sich die Studierenden mit unterschiedlichen Kunstinstitutionen auseinander und besuchen Museen, Galerien, Ateliers, Künstler und Off Spaces. So antwortet Angela auf die Frage, wo sie wohl nach dem Vorkurs zu finden sei mit: «Ich denke, du findest mich bei den Grafikern.», und fügt an, «Das, was man als Kind machen wollte, das ist die Bestimmung.», davon ist sie inzwischen überzeugt. 

Text: Anamaria Novak
Lukas Zingg, Fotografie HF, Film HF, Foto: 2020
«Dream big»
Lukas ist der erste Student an der F+F, der zwei Studienfächer gleichzeitig belegt. Er studiert sowohl Film HF als auch Fotografie HF und obwohl «beides mit Kamera funktioniert, treffen sich hier zwei unterschiedliche Welten.»
 
Die von amerikanischen Landschaftsfotografen mit Grossformatkamera aufgenommenen Bilder waren es, die Lukas in den Bann zogen und ihn von der Fotografie als Kunst überzeugten. «Metergrosse Abzüge an der Wand, in die man eintauchen konnte wegen der Tiefenschärfe – das hat mich sehr beeindruckt.» Fotografie aber umgab und interessierte ihn schon lange vor dieser musealen Begegnung mit amerikanischen Werken: Auch Lukas’ Grossvater fotografierte und filmte leidenschaftlich gerne. Er war es, der ihm seine erste Kamera schenkte.

An die F+F zog es ihn nach seinem Studium an der Uni Zürich zunächst wegen der Fotografie, die er nicht mehr nur als Freizeitbeschäftigung ausüben wollte. Er wollte die Fotografie als Handwerk «richtig erlernen», erfahren, welche Stile es in der Fotografie gibt und herausfinden, wie sich seine Bilder einordnen lassen. An der F+F überzeuge ihn aber, dass «sie auch Praxis orientiert und nicht nur künstlerisch ist.» Die F+F stelle auch einen starken Bezug zur Branche und zum Berufsalltag her.

Aus dem einfachen Wunsch zusätzlich zu den Fotografiekursen «ein paar Filmmodule» zu belegen, ergab sich ein Parallelstudium. Lukas kann dadurch seine Interessen verbinden und ist mit seiner Wahl zufrieden: «Da die beiden Studienmodelle gut zueinander passen, es zeitlich gut aufgeht, muss ich kaum Abstriche machen.»

Welchen der beiden Studiengänge er bevorzuge, könne er nicht beantworten. Er schätze sowohl die dynamische Teamarbeit im Filmstudium als auch seine Zeit mit der Fotokamera. Das Filmstudium habe ihn aber in Bezug auf den Inhalt – «all die Details, auf die man im Film achten muss!» – ein bisschen mehr überrascht. 

«Eine gewisse Beharrlichkeit an den Tag zu legen, sich nicht von ersten Widerständen abbringen zu lassen und gross zu träumen – dream big!» sind Ratschläge, die sich auf beide Studiengänge anwenden lassen und gehören zu den besten, die Lukas von einem Dozenten erhalten hat. Dadurch konnte sich zum Beispiel die Möglichkeit ergeben, für ein Projekt mit namhaften Schauspieler:innen zusammen zu arbeiten.

Sein Fotografiestudium hat Lukas diesen Juni inzwischen erfolgreich abgeschlossen. Für seine Diplomarbeit mit dem Titel Transit erhielt er den Förderpreis 2022 des Schweizerischen Werkbunds (SWB). Er reiste dafür entlang von unterirdischen Leitungen durch die Schweiz und hielt kritische Fragen nach dem Umgang mit Erdgas in einer fotografischen Reportage fest.

Als Filmstudent hingegen bleibt er der F+F noch ein bisschen erhalten.

Text: Anamaria Novak
Andrea Sommer, Vorkurs berufsbegleitend, 2021
«Ich verliere mich gern in einem Projekt»
Andrea Sommer besucht an der F+F den Vorkurs berufsbegleitend.
 
Das Atelier ihres Grossvaters und überdimensionale Hühner, die sie im Kindergarten auf Wände zeichnete, sind Andreas früheste Erinnerungen an Kunst. Heute arbeitet sie als Lehrerin und schreibt gleichzeitig an ihrer Abschlussarbeit für den Vorkurs. Den berufsbegleitenden Vorkurs schliesst sie diesen Juni ab.
 
In ihrem Studium habe Andrea verschiedene gestalterische Techniken ausprobieren und Fähigkeiten entwickeln können, die vom Umgang mit Adobe Programmen, über textiles Schaffen und Zeichnen bis hin zum Siebdruck reichen. Im Vorkurs «findet man heraus, wie man arbeiten will» und welcher Unterrichtsstil zu einem passe. Im Filmbasiskurs beispielsweise habe die Klasse nach einer kurzen Einführung in die Technik keine weiteren Vorgaben erhalten. So kam es dazu, dass die Studierenden einen Film ausserhalb des Schulgebäudes drehten und weit über die Unterrichtszeit hinaus an ihrem Projekt tüftelten: «Wir waren doppelt so lang dran und es hat doppelt so viel Spass gemacht.» Andrea «verliert sich gern in einem Projekt» und habe das Offene des Unterrichts längst zu ihrer eigenen Arbeitsweise gemacht: «Ich ziehe gern mein eigenes Ding durch, setzte mich mit Sinnfragen auseinander, lese gerne queerfeministische Sachliteratur und finde Inspiration in Kochprozessen.»
 
Zu den Höhepunkten des berufsbegleitenden Vorkurses gehören für Andrea die gemeinsam verbrachte Projektwoche im Tessin und die daraus resultierenden Werke. Während dieser Zeit entstand eine künstlerische Partnerschaft mit Angela Pavlovic, einer Mitstudentin: «Wir haben gemerkt, dass wir eine gute Inspirationsquelle für die jeweils andere sind.». Zusammen realisierten sie die Installation «Sun conscious», in der sie Bilder mit Sonnenlicht erzeugten und entwarfen ein gemeinsames Konzept für ein Ausstellungsprojekt namens «Do you ever panic, Houdini?» des Kino Houdini und der F+F.
 
«Kill your darlings» sowie «nie gleichzeitig arbeiten und analysieren» sind für Andrea die beiden besten Ratschläge, die sie aus dem Vorkurs mitnimmt: «Das sind für mich zwei wichtige Prinzipien, wenn man als Künstlerin arbeiten will. Es ist wichtig, nicht bei den Lieblingsideen stehen zu bleiben und darüber hinaus zu denken.»
 
Für die Zeit nach dem Vorkurs schmiedet Andrea bereits Pläne. Ab Herbst studiert sie an der Hochschule Luzern Kunst und Vermittlung und kann sich vorstellen, nach ihrem Abschluss beispielsweise an einer Kantonsschule Kunst zu unterrichten.

Text: Anamaria Novak
Jonathan Heimgartner, WBM 2021, Model: Jeremias Heimgartner
Zeitzeug:innen
«Man lernt über die eigenen Grenzen hinauszuwachsen»
Jonathan besuchte an der F+F den einsemestrigen Lehrgang Weiterbildung Modedesign und schloss diesen im Januar 2022 erfolgreich ab. Heute absolviert er ein Praktikum bei YVY, einem Textilunternehmen in Zürich, arbeitet gleichzeitig an der Weiterentwicklung seines Portfolios und an Entwürfen für eine neue Kollektion.
 
Jonathan, der eine grosse Leidenschaft für das Handwerk hegt, schloss zunächst eine Ausbildung als Bekleidungsgestalter EFZ ab. Um noch tiefer in die Welt der Mode einzutauchen, die akademische Seite des modischen Gestaltens zu erfahren und sich gleichzeitig mit kreativen Herangehensweisen auseinanderzusetzen, meldete er sich zur Weiterbildung an der F+F an.
 
Weil die Weiterbildung auf «Schneider ausgelegt ist» und weil Jonathan hier das Handwerk mit dem Kreativen optimal verbinden konnte, fiel die Wahl auf die F+F. Dass man an dieser Schule individuell unterstützt wird, lernt für ungewöhnliche Umsetzungen offenzubleiben und dass «man hier in kurzer Zeit viel machen kann» wird deutlich als Jonathan davon erzählt, wie er einen Heissluftföhn benutze, um Oberflächenstrukturen in Textilien zu entwickeln, aus einer Krawatte innerhalb von fünfzehn Minuten eine Halskrause gestaltete oder einen Liedtext mit Stoffen visuell verarbeitete. Jonathan schätze es sehr, das kreative Arbeiten ein ganzes halbes Jahr in den Vordergrund stellen zu können, vom Erfahrungsreichtum unterschiedlicher Dozierenden zu schöpfen und sich mit anderen Studierenden auszutauschen und zu vernetzen.
 
Die Verbundenheit zu anderen Studierenden kommt beispielweise zum Ausdruck, als Jonathan vom Entschluss erzählt, die pandemiebedingt abgesagte Studienreise zu viert und in Eigeninitiative dennoch anzutreten – nach Antwerpen, wo er die Inspiration für seine Abschlussarbeit fand. Zum vorgegebenen Thema «Konzentrieren, Reduzieren» entwarf er eine unklischierte, neu interpretierte, maritime Kollektion, die von den Schiffen, den Matrosen und insbesondere der traditionellen Bekleidung der Fischer Antwerpens inspiriert ist. Aus zwei zur Verfügung gestellten Stoffen kreierte er drei Outfits. Dazu zählen ein Mantel, ein Jumpsuit, Hosen mit aus Schiffstau angefertigten Hosenträgern und ein Fischerhut. Um Sepiatöne und einen used-look zu erzeugen, färbte Jonathan einen der Stoffe mit Schwarztee ein.
 
«Eine Kollektion komplett mit Fotoshooting durchzuziehen, eine Kampagne zu lancieren – das hätte ich mich vor der F+F nicht getraut». Dadurch, dass die Abschlussarbeit in einem lookbook festgehalten werden sollte, kam Jonathan über die Weiterbildung mit Modefotografie in Berührung. Vom Designer zum Fotografen inszenierte er die Kollektion in einem Angelpark im Kanton Thurgau. Über das kreative Arbeiten an der F+F sagt er abschliessend: «Häufig kommen die Dinge ganz anders als geplant und trotzdem kommen sie gut. Man lernt über die eigenen Grenzen hinauszuwachsen und beweist sich selbst, dass man es kann.»

Text: Anamaria Novak
Cassandra Zehnder, Selbstportrait, Fachklasse Grafik, 2022
«Es ist sehr herzlich hier.»
Cassandra Zehnder besuchte an der F+F den Vorkurs und absolviert inzwischen die Fachklasse Grafik EFZ im zweiten Jahr.

Bei Cassandra, die schon als Kind nie aufhörte zu «chribbeln», erwuchs ihr Studienwunsch aus ihrem – sowohl analogen als auch digitalen – unaufhörlichen Zeichnen. Dass die Wahl auf die F+F fiel, sei den schwärmenden und manchmal wehmütigen Worten einem ihrer früheren Lehrer, einem ehemaligen F+F’ler, zu verdanken.

Auch Cassandra findet viele lobende Worte und fühlt sich an der F+F gut aufgehoben: «Sehr viele Leute sind extrem unterstützend. Ich konnte bis jetzt auf so ziemlich jeden Dozenten zugehen und jeder hat mit Leidenschaft geholfen. Es ist sehr herzlich hier.» Zu den Dingen, die sie an der F+F schätzt, gehört die «Atelierstimmung», die Möglichkeit zu haben, sich in unterschiedlichen Medien auszuprobieren, aus Fehlern zu lernen, Fähigkeiten auszubauen und zu verbessern. Bereits im Vorkurs hätte die Klasse zum Zeichnen beispielsweise Touche, Bleistift, Kohle oder Gouache gebraucht. Sie sagt: «Man wird nicht belehrt. Man bekommt nicht gesagt, wie man einen Bleistift zu gebrauchen hat.»

An ihrem Lehrgang gefällt ihr die stabile Basis, die sie sich durch ihre Ausbildung aneignen kann: dass der Lehrgang viele Orientierungspunkte bietet, umfassend aufgebaut ist und dass sie durch die Fachklasse Grafik die Möglichkeit hat, sich auch «illustrativ auszuleben». Zu den schönsten Momenten ihres Alltags an der F+F zählt Cassandra die Zeit mit ihren Mitstudenten. So hat die Klasse beispielsweise eine ganze Wand voll mit Photoshops und Insidern aus dem Unterricht kreiert. Durch das gemeinsame Lachen wächst die Freude am Lernen: «Ich freue mich immer hier hin kommen zu können.»

Selbst ausserhalb der Schule spüre Cassandra den Unterricht: «Ich analysiere alles, auch Dinge, die ich früher nie genau betrachtet hätte, wie Strassenschilder, Farben, Schriften, die ganze Signaletik – es ist schlimm.». Sie ist überzeugt: «Ich hätte wahrscheinlich nie so viel gelernt, wäre ich an einer anderen Schule.» Aus ihrem Skizzenbuch wachsen die Bilder förmlich heraus. Sie interessiert sich für konzeptionelles Zeichnen und hat als Teilnehmerin einer «Pen-&-Paper»-Gruppe zum Spiel Dungeons and Dragons schon eigene Welten und Charaktere gebildet. Es sind vor allem die Menschen um sie herum, in denen sie die grösste Inspiration für ihre Illustrationen findet.

Als Grafikerin tätig zu sein, freiberuflich Illustrationen zu kreieren, sich vielleicht in Richtung Comiczeichnung oder sogar Gamedesign zu bewegen – das sind Cassandras Träume und Wünsche für die Zeit nach der Lehre.

Text: Anamaria Novak
Marino Pranjic, Modedesign HF, 2020
Zeitzeug:innen
«Man braucht nicht für alles in der Welt Antworten.»
Marino Pranjic studiert im zweiten Semester Modedesign HF.

Spätestens nach der Modenschau von Raf Simons für Dior war für Marino klar, dass er «etwas mit Mode zu tun haben» wollte. Zusammen mit einem Kollegen meldete er sich an der F+F an und beide wurden prompt aufgenommen. Angesprochen hat Marino, dass «die F+F so frei ist» und das «Out of the box-Denken, das von den Dozierenden auch im Unterricht gefördert wird».

Zu einem der schönsten Momente in seinem bisherigen Studium zählt Marino die erste Semesterprüfung. Dort wurden seine Kreationen zum ersten Mal in einer kleinen Modenschau präsentiert: «Meine Mode an einem Menschen zu sehen – dass meine Kleidung also getragen und geschätzt wurde – war für mich ein Gänsehautmoment». Seine aktuellen Designs sind inspiriert von der Architektur, vom Brutalismus der 50er Jahre. Die Kreationen dieser Kollektion charakterisieren sich durch klare Linien, geometrischen Formen, gedeckten Farben und sind bei Marino nicht auf ein spezifisches Geschlecht ausgerichtet. Marino habe beim Entwerfen nicht den Träger oder das Endprodukt im Kopf. 

Für ihn ist die Kreation von neuen Stücken vor allem auch eine Auseinandersetzung mit sich selbst, eine Art «Meditation». «Meine Mode hat oft mit meinen Wurzeln zu tun. Ich lerne mich selbst besser kennen, seitdem ich hier [an der F+F] bin.». Durch die Sprache der Mode sucht er Antworten auf seine Fragen nach Herkunft und Identität. Dass er dabei aber nicht immer fündig werde, störe ihn nicht, denn: «Man braucht nicht für alles in der Welt Antworten. Wenn ich alle Antworten hätte, dann gäbe es auch nichts zu erforschen. Viel spannender als das Endprodukt ist für mich, was ein Designer im Entstehungsprozess gefühlt hat.». Diese Erkenntnis habe er an der F+F gewonnen.

Die F+F sei nicht eine Schule, wie man sich «Schule» vorstelle. «Verrückt, widersprüchlich, liebenswert» so, sei die F+F. «Jeder wird individuell gefördert und die eigenen Gedanken werden wertgeschätzt.». Der Unterricht an der F+F entspricht Marino sehr, er sagt: «An der F+F werde ich gehört.».

In der Zeit nach seiner Ausbildung kann sich Marino gut vorstellen, als Stylist für eines der grossen Modehäuser zu arbeiten.

Text: Anamaria Novak
Noah Joel Huber, Kunst HF, Foto: Jos Schmid, 2022
Zeitzeug:innen
«Die F+F ist experimentell, forschend und inspirierend.»
Noah Joel Huber studiert an der F+F Kunst HF im zweiten Semester.

«Kitschige Landschaftsdarstellungen, die eine perfekte Welt zeigen» sind Noahs früheste Erinnerungen an Kunst. Die Bilder hingen in der Wohnung seiner Grossmutter und sind Replikate eines unbekannten schwedischen Künstlers. Bei Noah, der sich in seiner Kunst zwischen Installation, Performance und Zeichnung bewegt und «dazu neigt Dinge zu dekorieren» dürfen künstlerische Umsetzungen auch heute noch «kitschig werden». Perfekte Welten hingegen finden sich in seinen Werken weniger, dafür aber Identitätsfragen, gesellschaftspolitische Themen oder die Auseinandersetzung mit Stereotypen. Kürzlich schloss er eine Arbeit mit dem Titel Requiem for an enemy ab, eine Abdankung für die Selbstdarstellung.

Das Bedürfnis etwas Kreatives zu machen, führte ihn nach seiner Ausbildung im Gesundheitswesen an die F+F. «Das Konzept des Freien und der rebellische Hintergrund der F+F» zogen ihn an: «Der klassische Schul- und Frontalunterricht hat mir nie richtig entsprochen.». Noah wünschte sich immer eine Schule, an der er «total frei» sein konnte, machen konnte, was er wollte und war überrascht davon, «dass es diesen Ort tatsächlich gibt und war [von der F+F] völlig hin und weg». Die aktive Mitwirkung der Dozierenden im nationalen und internationalen Kunstbestrieb und dass die Schule dadurch «mit dem Fuss immer auch im aktuellen (Kunst-)Geschehen drin ist», waren für Noah weitere Gründe, sich für die F+F zu entscheiden.

Stark von seiner früheren Tätigkeit am Theater geprägt, habe Noah «schon immer multimedial gearbeitet». Er «kann und will» sich in seiner künstlerischen Arbeit nicht auf nur ein Medium festlegen, wodurch seine Wahl konsequenterweise auf das Kunststudium fiel: «Kunst ist sehr facettenreich und deckt mein Bedürfnis nach dem Multimedialen ab.». Am Unterricht schätzt er beispielsweise die Möglichkeit, viel Neues ausprobieren und erforschen zu können, immer wieder über den Rand des Skizzenbuchs hinauszuwachsen oder den fundierten theoretischen Hintergrund: «Die F+F ist experimentell, forschend und inspirierend.».

Ob er schon Pläne für die Zeit nach der F+F schmiedet? «Mein Wunsch ist es, an Schnittstellen arbeiten zu können». Als «Genussmensch» ist es für Noah wichtig, den Moment zu leben und mit ganzem Herzen dabei zu sein. Ob in Projekten für grosse Museen oder als Kunstpädagoge: «Ich werde einfach dorthin getrieben, wo es richtig für mich ist.» Schliesslich stand auch ein Kunststudium ursprünglich nicht auf dem Plan.

Text: Anamaria Novak
Marvin Jumo, Foto: Anne Gabriel-Jürgens, April 2022
Zeitzeug:innen
«Die F+F ist skurril, familiär und nicht fassbar.»
Marvin Jumo studiert an der F+F im vierten Semester Fotografie HF.

Eine Fotokamera, die er auf den Geburtstag geschenkt bekam, ist Marvin Jumos früheste Erinnerung an den ersten Kontakt mit Fotografie. Er packte die Kamera aus und knipste sofort drauf los. Sein erstes Motiv? Einer der Gäste. Ein Geburtstagsgast probierte mit ihm die Kamera aus und liess sich ablichten: Marvins erstes Portraitfoto war entstanden. Die neu-entdeckte Faszination am Medium der Fotografie liess ihn auch Jahre nach jener Geburtstagsfeier nicht los. Auch der Darstellung des Menschen – in all seinen Facetten – durch die Portraitfotografie sollte eine wichtige Rolle zukommen und sich zu einem festen Bestandteil seiner Werke entwickeln.

Nach zunächst anderen beruflichen Stationen fern der Fotografie, als Landschaftsgärtner etwa oder auf dem Bau, folgte er seinem inneren Wunsch, sich vertieft mit Fotografie auseinanderzusetzen und meldete sich in einer Nacht-und-Nebel-Aktion an der F+F an. Die Offenheit, das Familiäre und die Überschaubarkeit der Schule sprachen ihn an. 

Den besten Ratschlag, den Marvin an der F+F erhalten hat, war, «einfach mal zu machen» und «sich zu trauen, auf Leute zuzugehen, Dinge zu tun, von denen man denkt, dass sie nicht funktionieren würden und an den Erfahrungen zu wachsen». Diesen Ratschlag in die Tat umgesetzt hat er beispielsweise in seinem Projekt «Lochergut», das in Auszügen während der Jahresausstellung 2021/22 an der F+F zu sehen war. Für die «Lochergut»-Portraits hat er spät abends ihm unbekannte Menschen auf den Strassen des gleichnamigen Zürcher Quartiers angesprochen, «für die Kamera gewinnen können und gemeinsam [je] ein Bild kreiert.» Entstanden sind dabei authentische Portraits, Momentaufnahmen, die die Menschen in einem Augenblick ihres Alltags zeigen. Die Portraits widerspiegeln aber auch Marvins Empathie, seine feinfühligen Interaktionen mit den Passanten. Er erinnert sich: «Leute haben Freude, wenn man sie anspricht, [man] menschlich ist und Interesse zeigt.».

Durch das Studium an der F+F habe Marvin technisch sehr viel dazulernen und sich ein Know-how für die Berufspraxis aneignen können, «womit ich mehr Professionalität an den Tag legen kann, wenn ich an ein Fotoshooting gehe.» Er fühlt sich durch die F+F «standfester in der Materie der Fotografie.» 

Am Unterricht schätzt Marvin die gute Begleitung und das stets «offene Ohr» der Dozierenden. Als Richtlinien bevorzugende Person übt Marvin neben dem Lob auch Kritik: Er empfindet den «auf das Experimentelle ausgelegten Unterricht» manchmal als «zu offen, zu experimentell». Zusammenfassend würde er die F+F in drei (oder eher vier) Worten als «skurril, familiär und nicht fassbar» beschreiben.

Auch für die Zeit nach der F+F hegt Marvin schon Pläne. «Mein Ziel ist es, etwas mit den Bildern zu bewegen.» Im Fotojournalismus beispielsweise würde er gerne Fuss fassen. Marvin interessiert sich für Tabuthemen, fordernde Situationen und Krisengebiete. Solche Orte würde er gerne aufsuchen, um fotografisch davon zu erzählen: «Diesen Wunsch trage ich schon seit Jahren in mir.»

Text: Anamaria Novak
Ronya Peter, WBM, Hut, 2021
Den wertvollsten Ratschlag, den Ronya an der F+F erhielt, war, ihrem Herzen zu folgen...
Ronya Peter absolvierte den einsemestrigen Lehrgang Weiterbildung Modedesign an der F+F und fügt ab Herbst 2022 den Studiengang HF Modedesign an.

In der Zwischenzeit arbeitet sie mit der Dozentin und Modedesignerin Arienne Birchler zusammen, ein Kontakt, der an der F+F zustande gekommen ist, nimmt Einzelaufträge entgegen und stellt zusammen mit einer Freundin sechzig Hüte für eine Kinderzunft her. Ja, Ronya Peter ist nicht nur gelernte Schneiderin, sie ist auch Hutmacherin. Und wer bei diesem letzten Stichwort an Lewis Carolls «Alice im Wunderland» denkt, liegt richtig: Der Klassiker ist für Ronya eine grosse Inspiration, sie fühlt sich wohl in der Welt der Kostüme und arbeitet am liebsten mit satten, dunklen Farben.

Ein sattes, dunkles grün findet sich beispielsweise in ihrer Abschlusskollektion wieder, die sie an der F+F im Modul «Kollektionsgedanke» entwarf. Die Inspiration zu ihrer Mini-Kollektion fand Ronya dieses Mal jedoch nicht in der Literatur, sondern in der Architektur: Im Port House mit Zaha Hadids futuristischem Neubau liegen die klaren Linien und geometrischen Formen dieser Kleidungsstücke begründet. Das Port House (auch: das Havenhuis) liegt im Hafen der Stadt Antwerpen, den sie zusammen mit drei weiteren F+F Studierenden auf einer eigenständig organisierten Studienreise besuchte.

Es war ihr Wunsch nach einer vertieften Auseinandersetzung mit Modedesign, der sie nach ihrer Ausbildung zur Bekleidungsgestalterin EFZ an die F+F führte. Die kreative, ungebundene Arbeitsweise von Modedesigner:innen, die in grossem Kontrast zu den konkreten, sehr klaren Aufträgen von Schneider:innen steht, sprach sie an. Ronya schätzte es sehr, während der Weiterbildung frei ihre eigenen Projekte zu verwirklichen. Diese Freiheiten stellten sie zuweilen aber auch vor Herausforderungen.

Den wertvollsten Ratschlag, den Ronya während des Unterrichts an der F+F erhielt, war, ihrem Herzen zu folgen, sich von Farben, Formen und Materialien tragen zu lassen und dabei nicht zuviel nachzudenken. So simpel dieser Ratschlag anmuten mag, so effektiv war er für Ronyas Kreationen. Den während ihrer Schneiderlehre angeeigneten Perfektionismus lernte sie dadurch aufzulockern, ohne jedoch ihre – und die beim Schneidern so wichtige – Genauigkeit zu verlieren.

Nach dem Studium kann sich Ronya gut vorstellen als Kostümdesignerin zu arbeiten. An der Theater- und Filmwelt fasziniert sie die Vielseitigkeit der Kostüme und die Fülle an unterschiedlichen Materialien, mit welcher sich Kostümdesigner:innen tagtäglich auseinandersetzen können. Ein eigenes Modelabel zu gründen und zu führen, bleibt aber auch nicht ausgeschlossen.

Text: Anamaria Novak
Kerstin Wittenberg, Selbstportrait, Kamera: Jos Schmid, 2022
Zeitzeug:innen
«Die F+F ist eine Bereicherung für die ganze Persönlichkeit.»
Kerstin Wittenberg absolvierte den berufsbegleitenden Vorkurs an der F+F und ist hier inzwischen im vierten Semester HF Kunst eingeschrieben.

Der feministische Science-Fiction-Roman «Die linke Hand der Dunkelheit» von Ursula K. Le Guin und Werke der Künstlerin Marlene Dumas waren die Auslöser für Kerstins aktuelle malerischen Arbeiten zum selbstgewählten Thema «Klassenportraits». Die im Roman beschriebene Gesellschaft, in der es kein biologisches Geschlecht gibt, und die daraus resultierenden Macht- und Sozialstrukturen werfen Fragen zur eigenen Identität auf: «Ich erinnere mich daran, wie es [damals] war, wie ich war und [ich] denke darüber nach, wie ich jetzt bin und wie es wohl sein könnte, wenn diese dualisierenden Kategorien nicht wären.» Durch die Interpretation alter Schulklassenfotos setzt sich Kerstin mit dem «beschriebenen Ich» auseinander. Malerisch sucht sie nach Antworten, benutzt dafür Tinte, Acryl und Grafit und kreiert Bilder zwischen Abstraktion und figürlicher Malerei.

Eine theoretische Einordnung ihrer künstlerischen Arbeit ist für Kerstin seit dem Studium an der F+F bedeutender geworden. Es stehen nicht mehr nur der Malprozess und die Freude am Schönen im Vordergrund: «Das ästhetische Empfinden habe ich immer noch und will es auch ausleben. Dass dahinter eine Haltung, eine Position, eine theoretische Verortung steht und dass das wichtig ist, erkennt man dann im Studium. Die eigene Ästhetik spielt immer mit, aber man sollte nicht nur an ihr hängen bleiben».

Durch die F+F begegnete Kerstin neuen Denkansätzen und lernte, noch genauer hinzuschauen, noch kritischer zu hinterfragen, andere Blickwinkel einzunehmen, offen zu sein und dabei gleichzeitig eine eigene Stellung zu beziehen. Sie sieht das Studium als eine Möglichkeit, in einem offenen, familiären Umfeld eigene künstlerische Wege zu finden, ohne von den Dozierenden in eine bestimmte Richtung gelenkt zu werden, denn die Verantwortung bleibe immer bei einem selbst. Ja, so funktioniere es an der F+F: «Man muss engagiert sein, um profitieren zu können.» 

Zu den bisher schönsten Momenten zählt sie das gemeinsame Ausstellungsprojekt der F+F mit dem Zürcher Museum Strauhof zum 50. Jubiläum der Schule. Die Mitwirkung am Projekt ermöglichte Kerstin die Teilnahme am aktuellen Kunstgeschehen. Die Begegnung auf Augenhöhe mit den Dozierenden und den gegenseitigen Respekt, «man respektiert sich gegenseitig in seiner Vielfalt», trägt sie in besonders schöner Erinnerung.

Für Kerstin ist das Studium an der F+F mehr als nur Kunst. Sie beschreibt das Studium als «gesellschaftspolitisch» und die Schule – in drei (oder etwas mehr) Worten – als eine offene, familiäre, vielfältige Kunstwerkstatt, die Freiräume schafft und Praxis und Theorie vereint. Oder wie sie es abschliessend in einem Satz ausdrückt: «Die F+F ist eine Bereicherung für die ganze Persönlichkeit.».

Text: Anamaria Novak
Britta Liv Müller, Alumni des Vorkurs berufsbegleitend.
«Die F+F macht Lust am Experiment.»
Britta Liv Müller schloss 2013 den berufsbegleitenden Vorkurs ab. Die Ausbildung animierte sie zu Experimenten – heute macht die Künstlerin Performances. Im Portrait erzählt sie von ihren Wegen und Entscheidungen.

Performance ist eine der unmittelbarsten Ausdrucksformen der Kunst, sie lebt im und vom Moment, von ihrer Umgebung und dem Publikum. In einer Zeit, in der Begegnungen selten sind, machte Britta Liv Müller genau diese zum Thema. An der Performance-Reihe Neu-Oerlikon inszenierte sie mit der Choreografie Naked Fruit das Aufeinandertreffen und den Körperkontakt. Britta Liv schätzt den Live-Moment: «Während einer Performance steht man in gewisser Weise fliessend in Kontakt mit dem Publikum. Die unterschiedlichen Reaktionen faszinieren mich stets aufs Neue.»

Wenn sich Britta Liv nicht mit Kunst beschäftigt, unterrichtet sie Kinder im Integrationsbereich. «Ich habe zwei Jobs, die ich mit vollem Herzen ausübe», erzählt sie, «Es ist schön, beide Welten zu haben, aber ich vermische sie nicht». Obwohl ihre Arbeiten aus Impulsen und Bildern entstehen, die eng verknüpft sind mit persönlichen Erfahrungen grenzt sie die beiden Bereiche ab, nicht alles hat miteinander zu tun.

Aufgewachsen ist Britta Liv in einer «Künstlerfamilie». Die Kunst begleitete sie seit ihrer Kindheit. Ein Weiterbildungskurs leitete sie zur F+F, wo sie von 2011 bis 2013 den berufsbegleitenden Vorkurs absolvierte. «Die F+F ist ein Bijou,» sagt die Künstlerin. An der Schule fand sie selbst abends, müde vom Alltag, die Lust am Experiment. In dieser Zeit war ihr Medium noch nicht die Performance, sie erkundete Materialien und arbeitete installativ. «An der F+F lernte ich, über meine Arbeit zu sprechen, fand eine Sprache für meine Kunst,» sagt Britta Liv und erinnert sich an den regen Austausch in den Pool-Kursen und Modulen. «Wir wurden angeregt, uns zu vernetzen. Richtig begriffen habe ich die Bedeutung eines guten Netzwerks aber erst später, als es darum ging, mit meiner Arbeit rauszukommen.»

Der Vorkurs spannte die ersten Fäden, heute ist Netzwerken ein wichtiger Teil ihrer künstlerischen Arbeit. So hofft auch Britta Liv auf eine Zeit, in der Begegnungen und Unmittelbarkeiten wieder häufiger werden.

Text: Anna Raymann
Bianca Gadola, Alumna des HF-Studiengangs Film berufsbegleitend, 2020
«Die F+F ist eine Schule, an der man nichts muss, aber alles kann.»
Sie hält viele Töpfe auf dem Herd. Bianca Gadola studierte an der F+F Film berufsbegleitend zu ihrer Arbeit als Kuratorin und Köchin.

Allen drei Tätigkeiten ist die Kreativität gemeinsam und der Takt, in dem gearbeitet wird: «In der Küche wie auch am Set braucht man den Blick fürs Ganze – nur wird einem beim Dreh nicht ganz so heiss wie am Herd», sagt Bianca.

Diesen Überblick brauchte die junge Filmemacherin auch für ihr Diplomprojekt Ex-Nihilo, ein Film über das Filmemachen und die Entstehung des Weltalls aus dem Nichts, Science-Fiction auf der Metaebene. Neben der Konstruktion der vierfach verstrickten Geschichte, war auch die Umsetzung herausfordernd: «Ein Dreh ist krass. Als Regisseurin muss man alles planen und auf jede Frage eine Antwort wissen.» Diese Antworten überzeugten auch die Jury, die ihr für die stimmige Inszenierung den F+F Förderpreis 2020 verlieh.

Und Ideen für das Nächste Projekt hat Bianca zu genüge, vom Kammerspiel bis zum Schweizer Heimatfilm sprudelt es in alle Richtungen: «Mich interessieren die grossen Theorien und die banalen Kleinigkeiten.» Bevor sie an die F+F kam, studierte sie Kunstgeschichte und Filmwissenschaften. Die meisten Studierenden bringen eine gewisse Erfahrung und unbedingte Motivation mit. Das nährt den Austausch. «Am liebsten erinnere ich mich an das Konzeptstudium, wo alle ihre Ideen zusammentragen und aus dem Nichts eine Geschichte entsteht», erzählt Bianca. Auch mit den Dozierenden ist der Umgang kollegial: «Mit Freunden schafft man besser.» Die Kontakte halten über das Studium hinaus.

Als nächstes wird Bianca Ex-Nihilo bei Festivals einreichen, am nächsten Drehbuch arbeiten und «einfach weitermachen». Wo man sie in 20 Jahren antreffen wird? «Auf einem Weingut in Italien», lacht Bianca, «aber natürlich bleibt das Filmequipment dort auch nicht in der Ecke liegen.»

Text: Anna Raymann
Taissia Kunz, Lernende Fachklasse Fotografie, Foto: Veronique Hoegger, 2019
«Fotografieren ist mein Ding»
Die fünf Weltreligionen sind grad ihr Thema. Taissia Kunz arbeitet an einer Fotoreportage über das Christentum, den Islam, Hinduismus, Buddhismus und das Judentum. Sie besucht Gotteshäuser und sie macht sich Bilder von Menschen, die nach den Vorgaben ihrer Religion leben.

«Oft ist es schwierig, eine Synagoge oder eine Kirche zu besuchen und gar zu fotografieren, weil Beten eine sehr intime und persönliche Angelegenheit ist», konstatiert Taissia. «Am kommenden Wochenende gehe ich in die russisch-orthodoxe Kirche in Zürich. Dessen Pfarrer war zuerst misstrauisch aber als ich ihm versicherte, dass ich die Privatsphäre der Betenden respektiere und sie nicht von vorn abbilde, kann ich nun Bilder machen.»

Taissia Kunz wollte schon immer «etwas mit Gestaltung» machen. Zuerst suchte sie eine entsprechende Lehrstelle. Sie wurde nicht fündig. So hat sie sich entschlossen, den gestalterischen Vorkurs in Luzern zu absolvieren. Schon während des Vorkurses hat sich ihr die Welt der Fotografie aufgetan und ihre Lehrer haben ihr geraten, die Fachklasse der F+F in Zürich zu belegen. «Die Fachklasse der F+F habe ich gewählt, weil sie spezialisiert ist auf Fotografie und weil wir hier nicht immer nur im Schulzimmer sitzen. Wir unternehmen viel, besuchen Ausstellungen und Studios.» Sie schätzt ausserdem den Austausch mit den Schüler:innen der höheren Klassen, von deren Erfahrungen sie gerne profitiert. «Ausserdem kann ich die Lehrer fragen, wenn ich ein Problem habe. Sie helfen mir sofort und schlagen mir etwa spannende Praktikumsorte vor», meint Taissia. Später will sie auf jeden Fall als Fotografin ihr Geld verdienen.

Text: Matthias Gallati
O'Neil Bürgi, Alumnus Studiengang Film HF, 2018, Bild: Pascale Florio
«Die Realität konservieren»
An der diesjährigen Ausgabe der Solothurner Filmtage zeigt F+F Alumnus O’Neil Bürgi seinen Dokumentarfilm Ale. Der Film über eine junge Wrestlerin läuft im Wettbewerb um den Publikumspreis.

Die Kamera hatte O’Neil Bürgi schon als Teenager in der Hand, damals filmte er noch mit der Familienkamera auf VHS-C. «Es faszinierte mich, dass ich mit dieser kleinen Kiste die Realität einfangen und für immer konservieren konnte.» Nach der soliden Malerlehre, stieg er Praktikum um Praktikum tiefer in die Filmszene ein. Er sammelte Erfahrungen am Set bei Filmen und Werbespots, als Videojournalist und im Schnittraum. Seine praktischen Erfahrungen wollte er aber mit einer Ausbildung festigen und fand so den Weg an die F+F.

Neben dem berufsbegleitenden Studiengang Film arbeitete er weiter als Editor. «Parallel arbeiten zu können, erleichtert natürlich die Finanzierung. Vor allem gewann ich so aber frische Ideen für den Job», sagt O’Neil und erzählt vom Austausch unter den Studierenden: «Es ist wie ein Labor für Kunstschaffende, Kreative und alle die es werden wollen.» Neben dem filmischen Handwerk geht es im Unterricht auch darum, Dossiers und Konzepte zusammenzustellen. Schliesslich kann kein Film ohne Finanzierung produziert werden. O’Neil weiss, was er will: Sich nicht festlegen auf ein Genre. Und sich nicht für den Markt verstellen. «Dafür bin ich zu jamaikanisch», lacht er. Sein Studium hat er abgeschlossen mit einem düsteren Trickfilm. Für Cat Noir zeichnete er in 115 Tagen jedes der rund 3 600 Bilder einzeln. Eigentlich ist die F+F nicht auf Animationen spezialisiert, trotzdem wagte er es, brachte sich die Techniken und Programme selbst bei: «Es war ein riesiges Experiment, ein Experiment, das auch die Schule unterstützte. Mit viel Lust und Energie ist an der F+F fast alles möglich.» Das Experiment gelang. Cat Noir ging ab «wie ein Raketli» und gewann mehrere Preise an Festivals.

Zwei Jahre später kann O’Neil Bürgi nun mit dem Dokumentarfilm Ale auf einen Preis aus Solothurn hoffen. Das Plakat zum Film hat die F+F Alumna Valentina Morrone gestaltet – die Kontakte halten über die Schulzeit hinaus.

Text: Anna Raymann
Medea Laim, 3. Lehrjahr Fachklasse Grafik, Foto: Veronique Hoegger, 2019
«Die Fachklasse ist ein konzentrierter Grafikklumpen»
«Ich finde überall Ideen, mein Kopf füllt sich von alleine mit Visuellem. Wenn ich morgens aufwache, sehe ich eine Blume, sehe Farbe an Wänden, die abbröckelt.

Davon mache ich ein Foto oder skizziere es in mein Buch. Bei Projekten kann ich das immer wieder brauchen», sagt Medea. Seit zwei Jahren besucht Medea Laim die Fachklasse Grafik der F+F. Hier lernt sie, ihre Eindrücke zu filtern. «Ich bin ein Fan der Fachklasse. Wir sind zusammen mit den Schüler:innen der anderen Fachklassen ein konzentrierter Grafikklumpen. Es ist cool, wie hier ganz unterschiedliche Leute zusammenkommen. Und für mich ist es etwas vom Schönsten, wenn ich zusammen mit anderen etwas Neues entwickeln kann.»

Medea ist auf der Lenzerheide aufgewachsen. «Wer aus einem Dorf an die F+F kommt, muss im ersten Moment viele Eindrücke verarbeiten. In der Lenzerheide war ich ein bunter Vogel – nicht der einzige aber ich bin aufgefallen.» Medea wollte schon immer etwas mit Gestaltung machen. Nach dem Vorkurs in Liechtenstein hat sie einen Infoabend der F+F besucht. «Das hat mich gleich sehr angesprochen», sagt Medea. «Die Räume sind weiss wie unbeschriebene Blätter, auf denen etwas entstehen kann.» Das Wissen, das sie sich bislang angeeignet hat, kann sie auch ausserhalb der Schule gut anwenden: Die Bibliothek Lenzerheide hat sie angefragt, ob sie im Zuge eines Umbaus das Redesign gestalten will. Das liess sich Medea nicht zweimal sagen: Vom Logo über Broschüren und Lesezeichen bis zu signaletischen Aufgaben hat sie überzeugende Lösungen gefunden. Und für ihre Mutter, die auf der Lenzerheide einen Laden für Wohnkultur führt, gestaltet sie grade ein Malbuch. Später will sie vielleicht etwas mit Illustration machen. Wichtig sind ihr auch Kundenkontakte, aber momentan ist noch offen, wie es weitergehen soll.

Text: Matthias Gallati